Frisch, fromm, fröhlich, frei

Rede zum Ehrenamt,

 

gehalten vor ehrenamtlich tätigen Mitbürgern

am 17. August 1999 in der Stadthalle Dinslaken

 

von Ronny Schneider

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Fellmeth,

 

ich spreche als einer zu Ihnen, der ohne ehrenamtliche Mitarbeiter nicht auskommt

und der selbst an manchen Stellen ehrenamtlich mitarbeitet.

Von Herzen stimme ich dem Satz zu, den der verstorbene Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland Peter Beier ausgesprochen hat.

"Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind der große Schatz der Kirche."

Sie sind auch der große Schatz in jedem Verein, in jedem Verband, in jeder Selbsthilfe-gruppe.

 

In der Kirche heißt es: "Mitarbeiten für Gottes Lohn."

Das hört sich nach Ausbeutung an. Tatsächlich könnten Kirche und Vereine nicht annähernd so viel für das Gemeinwesen tun, wenn jeder Handschlag bezahlt werden müsste.

"Für Gottes Lohn arbeiten..." dahinter steht in der Kirche das Bewusstsein, sich für eine höhere Aufgabe zu engagieren, seine Zeit, seine Kompetenz, sein Geld sinnstiftend einzu-setzen, mit vielfältigen Talenten und Aufgaben zum großen Volk Gottes dazuzugehören rund um die Erde.

 

Ich bremse, denn ich fange schon fast an zu predigen. Dabei haben womöglich ehrenamtlich

engagierte Zeitgenossen gar nicht so viel mit der Kirche am Hütchen.

Obwohl es in der Kirche nicht nur fromm zugeht, sondern auch weltlich, oder sagen wir

frisch, fromm, fröhlich, frei.

 

Eine tüchtige ehrenamtliche Mitarbeiterin der Stadtkirche ist so frei, sich ab sofort ernsthaft mit Lotto zu beschäftigen. Sie tippt - und wenn ihre Zahlen gezogen werden, will sie die Sanierung der Stadtkirche kräftig mit finanzieren.

 

EHRENAMTLICHE ARBEIT HAT EINE BESONDERE QUALITÄT.

 

Wie vielen von uns zum Beispiel tut ein erster Kontakt, ein freundliches Wort gut.

Manchmal sind wir selbst zu schüchtern, etwas zu sagen. Und freuen uns, wenn der andere das erste Wort, den Anfang herausbringt und wir uns dann austauschen können.

Mir sagte ein Presbyter: "Als wir neu zugezogen waren, hat uns die Frau "Sowieso" als erste auf die Kirchengemeinde angesprochen. Sie hat den Weg geebnet."

 

Viele von Ihnen helfen in ihrer ehrenamtlichen Arbeit anderen aus der Einsamkeit heraus.

Dadurch, dass sie sie besuchen oder zu geselligen Treffen einladen.

Wenn Verantwortliche in Vereinen, in der Kirche, geschickt den Rahmen abstecken, können ehrenamtliche Kräfte erheblich dazu beitragen, dass sich Kommunikation ereignet und verbessert. Auf diese Weise wächst bei den Mitgliedern - wie es in Neudeutsch heißt - "Corporate Identity", die Überzeugung: Ich bin hier richtig. Wir arbeiten an der gleichen Sache und das macht Spaß.

 

Manchmal macht es auch keinen Spaß, viel mehr Ärger, aber - zum Glück nicht selten - auch tiefe Freude. Ich empfinde zum Beispiel tiefe Freude, wenn in Kirchen und Vereinen Strukturen aufgebaut werden, in denen sich einsame, traurige Menschen angenommen und getröstet fühlen.

Ich sehe wie zwei Frauen, die in kurzer Zeit ihre Männer durch Tod verloren haben, zum Beispiel im Heimatverein zusammenrücken, gemeinsam an Ausflügen teilnehmen.

Das hilft, tröstet, überwindet Einsamkeit.

Sie können sich wieder dem Leben zuwenden und finden in ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufmerksame Begleitung und Würdigung. Und wenn dann nach vielen Tränen wieder ein Lächeln sichtbar wird, empfinde ich tiefe Freude.

 

Vereine, Verbände, Selbsthilfegruppen, Kirche bieten Platz für Menschen,die von ihrer Trauer erzählen, bieten aber genauso Raum zum Feiern.

 

Ohne Ihre qualifizierte Mitarbeit wäre unsere Stadt, wäre unser Zusammenleben ärmer, es fehlte die Seele.

 

Darum, auch wenn in Ihren Bereichen Dinge auftauchen, die die Arbeit erschweren, Macht-ämpfe, Neid, Eifersucht, Sturheit oder in der Kirche Ärger mit dem Bodenpersonal:

 

bleiben Sie dennoch Ihrem Engagement treu!

 

Wenn der Bürgermeister die Rede beendet, sagt er "Glück auf!" und bei uns heißt es ja nicht

Prost!, sondern Amen.