Erinnerung an den jüdischen Friedhof

Alfred Grimms Mahnstein steht zur Abholung in der Bronzegießerei Butzon und Bercker in Kevelaer bereit. Einen Termin für die Aufstellung gibt es noch nicht. Der 27. Januar als Tag der Einweihung wurde coronabedingt abgesagt

von Bettina Schack


An der Mittelstele sind drei Grabsteine angelehnt, ihre jüdischen Texte wurden von Pfarrer i. R. Sepp Aschenbach ausgewählt.

Foto: Martin Büttner


Die Bronzeplastik von Alfred Grimm (r.), frisch gegossen in der Bronzegießerei Butzon und Bercker in Kevelaer, vor der Patinierung. Die Oberfläche wird später dunkel sein. Das Bild ist vor einigen Monaten entstanden.

Foto: Martin Büttner

Dinslaken Die Fläche zwischen dem Verteilerkreis an der Friedrich-Ebert-Straße und dem Stadtpark ist abgesteckt, die Bronzeplastik steht vollendet und zur Abholung bereit in der Bronzegießerei Butzon und Bercker in Kevelaer. Sie sollte bereits am 27. Januar an ihrem geplanten Standort in Dinslaken eingeweiht werden, doch daraus wurde nichts. Corona macht derzeit bei fast allem einen Strich durch die Rechnung.

 

Mit Bedacht gewählt

Dabei war der Termin zwischen dem Künstler Alfred Grimm und der Stadt mit Bedacht gewählt. An ihm wird der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht, er ist einer der wichtigen Daten in der deutsch-jüdischen Erinnerungskultur. Und um diese Erinnerungs-kultur geht es auch bei dem an sich überfälligen Mahnmal in Dinslaken. Es soll an den jüdischen Friedhof der Stadt erinnern, der zwischen 1927 und 1938 an der Stelle des heutigen Verteilerkreises komplett aufgegeben wurde obwohl jüdische Gräber eigentlich gar nicht verändert oder versetzt werden dürfen.

 

Zeugnisse jüdischen Lebens in Dinslakens Innenstadt – es gibt sie nur noch in der Erinnerung. Alfred Grimms Bronzeplastiken setzen dabei besondere Zeichen. Er schuf den „Judenkarren“ – nur wenige Meter vom geplanten Standort für das Friedhofsdenkmal entfernt – als Mahnmal an die Pogromnacht in Dinslaken, er setzte die Mahnsteine in Erinnerung an jüdische Händler und Handwerker in der Innenstadt. An deren Konzeption knüpft nun auch das neue Werk an. Und wie die vier Mahnsteine an der Friedrich-Ebert-Straße und der Altstadt und die Bronzearbeiten an der Gedenkstätte für Maria Euthymia am St. Vinzenz-Hospital wurde auch die neue Bronzeplastik nach dem Wachsmodell von Alfred Grimm bei Butzon und Bercker gegossen. Sie erhält eine Patina, die ihre Oberfläche vergleichbar dunkel wie die der anderen Mahnsteine erscheinen lässt, es bleiben allerdings einige hellere Stellen zur Erhöhung der Plastizität.

 

Wie die anderen Mahnsteine ist auch die Erinnerung an den jüdischen Friedhof dreiteilig, zwei Sitzsteine laden zum Verweilen ein. An der Mittelstele sind drei Grabsteine angelehnt, ihre jüdischen Texte wurden von Pfarrer i. R. Sepp Aschenbach ausgewählt. Gerade dies erforderte eine enge Zusammenarbeit zwischen Alfred Grimm und Michael Bercker: Im Bronzeguss und in seiner Ausarbeitung durften hier keine Fehler unterlaufen.

 

Bei der Gestaltung der Stele orientierte sich Alfred Grimm an historischen Fotos des jüdischen Friedhofs, nahm das Motiv des großen Hügels ebenso auf wie die Formen einzelner Grabsteine und den alten Baumbestand. Über zwei Jahrhunderte lang, von 1722 an, bestattete die jüdische Gemeinde von Dinslaken ihre Toten auf dem „Doel“. Die drei Grabsteine an der Mittelstele von Alfred Grimms Mahnmal tragen konkret übernommene Grabinschriften von 1770, 1858 und 1916. „In einem besonderen technischen Verfahren hat Butzon und Bercker die jüdischen Inschriften und die deutschen Infotexte auf die von mir geformten Grabsteine aufgebracht und als kleine Modelle gegossen“, erklärt Alfred Grimm.

Quelle: NRZ 15.02.2021