De Nederlandse taal en Dinslaken
von Bettina Schack

 

DINSLAKEN. Dr. Peter Cornelissen ist Forscher, im Keller lagert er eine umfangreiche Bibliothek an Telefonbüchern. Tatsächlich sind die gelben Namensverzeichnisse für den Linguisten im Amts für Rheinische Landeskunde wertvolle Quellen. Namen haben für ihn die Qualität archäologischer Fundstücke. Weisen sie doch auf die Verbreitung verschiedener Sprachen in vergangenen Jahrhunderten hin, spiegeln sich in der Veränderung von Namenshäufigkeiten die Wandlung der Bevölkerung wieder. Auch in Dinslaken lassen sich diese beiden Phänomene aus dem Vergleich alter Urkunden und aktueller Telefonbücher ablesen. Vorgestern schärfte Dr. Peter Cornelissen im Rahmen der stadthistorischen Vortragsreihe von VHS, Heimatverein und Stadt den Blick auf Zeugnisse der niederländischen Sprache in Dinslaken.

Niederländische Ansprachen in Dinslaken, dies liegt lange zurück. Irritiert reagierte ein Großteil der zahlreichen Interessierten im Dachstudio auf Cornelissens niederländische Begrüßung. „Harteijk welcome“ und wie weiter? „Geen flauw idee.“ - Keinen blassen Schimmer. Wirklich? Vor drei Jahren rief Cornelissen zum Ausfüllen von Fragebögen auf, die NRZ druckte sie vollständig ab. Gesucht wurde hiesiges Plattdeutsch. Und das ist stark vom Niederländischen geprägt: „We hebben“, heißt es für „wir haben“. In Amsterdam wie in Hiesfeld. Die Trennlinie zwischen den Sprachen lag im Jahre 1000 nur ein kleines Stück weiter östlich. In Kirchhellen. Das ist heute noch westfälisch. Regionale Trennungen können erstaunlich langlebig sein.

Im Mittelalter war das Mittelniederländische Dinslakens Amtsprache. Erst um 1600 wurde es vom Hochdeutschen verdrängt. Es überlebte im Platt, in Famlilien- und in Ortsnamen. Der Averbruch ist ein solches Beispiel. Cornelissen belegte das Präfix aver- in zwei Dinslakener Urkunden um 1500. Später wurde aus dem „a“ ein „o“, Aver- und Overbruch bedeuten dasselbe. „Over-“ heißt es im Niederländischen bis heute.

Ebenfalls Niederländisch, der „Scholtenhof“. Auf deutsch hieße er „Schulzhof“. Dass entspräche der heute in Dinslaken am weitesten verbreitete Variante des Namens „Schultheiß“. Die Industrialisierung brachte die Berliner Variante nach Dinslaken, in Kleve dominiert das alte „Scholten“ nach wie vor.

Deutsch oder holländisch? Manchmal stecken sogar noch römische Funde im ausgegrabenen Dialekt. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Wenn de Mösch - niederländisch „mus“ - piept, dann surrt die lateinische Fliege „musca“ mit über den Niederrhein.