Drei Frauen im Kino
von Bettina Schack

 

DINSLAKEN. Der Zauber der bewegten Bilder. Nirgends wirkt er so mächtig wie im dunklen Kinosaal. Erhellt das Licht des Projektors die Leinwand, entführt es die Menschen in eine andere, ästhetisierte Welt. Emotionen, Bewegungen. Alles größer, übersteigerter. Platons Höhlengleichnis wurde im 20. Jahrhundert zu einer Art Realität.

Die Geschichte des Kinos, in Dinslaken ist sie weiblich. Drei Frauengenerationen hielten die Bilder in Bewegung, gaben der Filmgeschichte vor Ort eine weitere soziologische Komponente. Mit der Wiedereröffnung der Lichtburg am 6. Juli feiert Heidrun Grießer nun das Jubiläum 90 Jahre Kino in Dinslaken.

Es begann 1916 in Karl Trenthammers Hotel Reichskrone an der Neustraße. Wie die meisten Männer war er im Krieg, seine Frau Helene musste die Gastronomie alleine aufrecht erhalten. Sie setzte auf das neue Medium Stummfilm. Kaufte ein „Kurbelkiste“, bot ein Jahr vor der Gründung der UFA Zerstreuung zu günstigen Preisen.

Karl Trenthammer war von den Aktivitäten seiner Frau begeistert, gründete die Niederrheinische Lichtspiele GmbH, um mit dem „Modernen Theater“ an der Wallstraße das erste Dinslakener Kino mit 600 Plätzen, Bühne und Orchestergraben zu errichten. Eine teure Investition, deshalb die GmbH, die Einbeziehung anderer Geldgeber. Drei Tage vor der Eröffnung im Jahr 1923 verstarb Trenthammer. Ein doppelter Schicksalsschlag für Helene. Die Männer der GmbH degradierten sie, die das Kino erfolgreich nach Dinslaken brachte, zur Platzanweiserin. Derweil boomte das Geschäft. Am 26. Oktober 1929 wurde die Lichtburg mit den Tonfilm „Atlantic“ eröffnet.

Tochter Elisabeth Trenthammer ging ihren eigenen Weg. Dolmetscherschule, eine Anstellung als Chefsekretärin bei Haniel, Heirat mit Dr. Werner Schimmel, den sie auch in der Praxis vertrat. 1944 wurde die Tochter Heidrun geboren. Da war Elisabeth Schimmel schon ins sichere Oberstdorf gezogen,ihr Mann im Krieg, später verschollen.

Der große Angriff auf Dinslaken im März '45 zerstörte auch die Lichtburg. Das „Moderne Theater“ wurde beschädigt. 1946 ergriff Elisabeth Schimmel ihre Chance. Sie verhandelte mit den Engländern, brachte sie auf ihre Seite. Erkämpfte die Kinolizenz für die GmbH mit der Auflage, die Herren müssten sie zur Geschäftsführerin machen, sie nahm das Zepter des „Modernen Theaters“ in die Hand.

Am 25. September 1951 war aus den Trümmern die neue Lichtburg mit 1000 Plätzen erstanden. Hier liefen die Kassenschlager, traten Showstars wie Conny Froboess auf. Derweil näherte sich die Ära des „Modernen Theaters“ dem Ende.

Auch Tochter Heidrun hatte sich erst dem Kino abgewandt, studierte Jura. Doch dann half sie der Mutter,immer öfter, schließlich führten beide das Kino in die dritte Generation. Denn die Zeit der großen Säle war vorbei, 1980 wurde die Lichtburg in das heutige Kinocenter umgebaut. Ohne die alten Gesellschafter. Die Niederrheinische Lichtspiele GmbH wurde verkauft, Mutter und Tochter gründeten die Lichtburg-Center Dinslaken GmbH.

Vom 6. Juli betreten die Zuschauer das Kino durch das renovierte Foyer, das Kino 1 erhält eine Klimaanlage. Die Preise bleiben unverändert günstig, Heidrun Grießer bleibt Helene Trenthammers Idee vom Kino als erschwingliche Familienunterhaltung treu.