Regelverstöße wurden mit Bier geahndet
von Bettina Schack


TRADITION / Die Nachbarschaft Eppinghovener Tor präsentiert ihr Gründungsbuch von 1706 ab April mit einer Ausstellung im Voswinckelshof und gibt Einblicke in 300 Jahre lebendige Stadtgeschichte.

DINSLAKEN. Wie kamen die Kopien in das Nachbarschaftsbuch vom Eppinghovener Tor? Sie stammten eindeutig von Jahrhunderten alten Blättern, fanden ihren Weg in das erste Buch nach der Wiedergründung im Jahre 1951. Dr. Zorn hat in seinem Aufsatz über die 12 Altstadtnachbarschaften das Eppinghovener-Tor-Buch als verloren bezeichnet. Im Januar dieses Jahres machte Chronist und Schriftführer Kurt Kruppa im Stadtarchiv einen überraschenden Fund. Das Original des Nachbarschaftsbuches befand sich im Stadtarchiv in der Sammlung „Heinrich Susen“.

Dieser gehörte der ehemaligen Nachbarschaft Rittertor an, hat 1937 die von ihm verwalteten Dokumente neu gebunden und dabei die Bücher der beiden Gemeinschaften vermischt. 261 Seiten umfasst der stadthistorisch interessante Band. Kurt Kruppa scannte sie ein, nummerierte sie, jetzt werden die Eintragungen von Gerd von Kügelgen übersetzt. Eine zeitaufwändige Arbeit. Denn was so neu mit 1890 beginnt, springt nach ein Paar Seiten ins Jahr 1706. „Nachbahr-Buch und Nachricht von der Nachbahrschafft ahn die Eppinghaeffsche Poort …Aufs Neue Wieder Auf=gesetzet …1706 15. Febri.“ Damit kann die Nachbarschaft in diesen Tagen ihr 300-jähriges Bestehen feiern.

Vom 21. April an präsentiert sie sich und das Buch in einer Ausstellung im Museum Voswinckelshof. Derzeit rahmt Rentmeister Hartmut Weber historische und neuere Dokumente, freut sich über die Unterstützung durch Dr. Theissen. Das Museum ermöglicht auch die Aufführung des Films „Dinslaken –Damals und heute“. Darin hat der verstorbene Walter Eul alte Aufnahmen der Stadt neueren Fotos gegenübergestellt und kommentiert.

Zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert ging es bei den Pumpennachbarschaften „bierernst“ zu. Ob Trinkwasserversorgung oder Nachbarschaftshilfe, man zahlte mit Bier. Ein „Anker“ für das geschmückte neue Heim, ein „Tonn“ für das Grabgeläut. Ausgetrunken wurde der Kassenbestand gemeinsam - „Nicht zu viel und nicht zu wenig“ - nach der Verlesung der Satzung in der Sitzung zu Karneval. Der Ernst hinter den Pumpengemeinschaften liest sich aus den Ausschlussmöglichkeiten für die, die in der Gemeinschaft Streit suchten. Ohne Mitgliedschaft gab es weder Trinkwasser noch Beerdigung, nicht einmal Hilfe, wenn es brannte.

2006 ist die Nachbarschaft Eppinghovener Tor ein lockerer Zusammenschluss von gut 40 Dinslakenern. Organisiert ein Sommerfest, eine Adventsfeier, finanziert sich aus Spenden. Man muss nicht einmal mehr zwischen Mozartstraße und Altmarkt wohnen. Doch hält sie an vielen alten Traditionen fest. Die Feier zu Rosenmontag, die Wahlen am Aschermittwoch. Geburtstagsgrüße, Gratulationen, auch das Gebinde zur Beerdigung. Der 1. Rentmeister trägt Amtskette und Kappe, besitzt die Versammlungsglocke, der 2. führt Buch, ist für die Sammelbüchse und die neue Fahne verantwortlich. Die alte wurde um 1900 gerne geklaut und ausgelöst, wenn sie zu Karneval von nur zwei Mitgliedern mit Holzgewehren und Schnapsflaschen bewacht vor der Kneipe hing.

Von der Poort zum Portal. Heute pflegt die Nachbarschaft ihre eigene Internetseite, http://www.eppinghovener-tor.de.vu, Dort erinnert sie an die Zeiten, als gute Nachbarschaft unverzichtbarer sozialer Zusammenhalt bedeutete. Rund um die Wasserpumpen, den Lebensadern der Altstadt.

Nachbarschaftsfest der Eppinghovener-Tor-Nachbarschaft am Rosenmontag